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Bamberger Hitzestudie 2024: Forschungsrückblick

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An der Otto-Friedrich-Universität Bamberg erforschen wir menschliches Verhalten im Kontext von Hitze und extremen Temperaturen in einem mehrjährigen Forschungsprojekt. Dafür erheben wir Daten in verschiedenen Kontexten und gemeinsam mit verschiedenen Personengruppen, zum Beispiel mit Sportlerinnen und Sportlern, Menschen in regelmäßiger ambulant-medizinischer Versorgung oder Menschen, die keinen festen Wohnsitz haben. Die “Bamberger Hitzestudie” komzentriert sich speziell auf Menschen über 65 Jahre und erforscht das Alltagserleben in Hitzephasen.

Die Bamberger Hitzestudie 2024
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2024 haben über 600 Personen unsere Startfragebögen beantwortet. Davon haben rund 480 Personen im Durchschnitt mehr als 16 weitere Fragebögen beantwortet - ein beeindruckendes Engagement. Der geographische Schwerpunkt lag in der Region Franken, insbesondere Bamberg:


In diesem Artikel zeigen wir drei wichtige Analysen, die mithilfe der Daten aus der Bamberger Hitzestudie entstanden sind.

Thema 1: Szenarioanalyse zur Terminplanung in Behandlungszentren
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Viele Aktivitäten lasssen sich einfach und eigenmächtig in kühlere Tageszeiten verschieben. Für wichtige Termine mit größerem Planungsvorlauf - etwa in Behörden oder Arztpraxen - ist das oftmals schwierig.

Mithilfe von hochauflösenden Wetterdaten des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage haben wir berechnet, wie stark die gesundheitliche Belastung durch Hitze bundesweit an Arztpraxen und Behandlungszentren während ihrer Öffnungszeiten im Sommer 2024 war, und wie sich diese Gesundheitsbelastung in unterschiedlichen Terminanpassungsszenarien (z.B. vorverlegen, verzögern, splitten) verändert. Mit den Befragungsdaten aus der Bamberger Hitzestudie konnten wir erstmalig abschätzen, welche Szenarien zur Terminverschiebung für die Befragten realistisch oder gut vereinbar wären. Die Ergebnisse werden aktuell extern von anderen Forschenden begutachtet und befinden sich im Veröffentlichungsprozess.

Thema 2: Namen für Hitzewellen?
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Witterungswirksame Systeme wie Hoch- und Tiefdruckgebiete bekommen international Namen (z.B. Hoch “Yvonne”), damit Medien und Menschen einfacher darüber kommunizieren können. In einem Kurzexperiment haben wir untersucht, wie sich die Verwendung von Namen für Hitzewellen auf die individuelle Risikowahrnehmung und das geplante Vorsorgeverhalten auswirken.

Entgegen unserer Hypothese führte die Benennung der Hitzewelle nicht zu einer höheren Risikowahrnehmung oder einer stärkeren Absicht, das Zuhause vorzukühlen. Im Gegenteil: Menschen, die eine benannte Hitzewelle bewerten sollten, schätzten das Risiko durch diese als geringer ein und planten weniger Vorsorgemaßnahmen ein als bei einer unbenannten Hitzewelle. Der Effekt wurde international publiziert und diskutiert. Der Artikel wurde im Journal Weather der Royal Meteoreological Society international veröffentlicht: https://doi.org/10.1002/wea.7679.

Thema 3: Hygienewahrnehmung und öffentliche Trinkwasserversorgung
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Öffentliche Trinkbrunnen spielen eine zentrale Rolle für die Hitzemitigation im öffentlichen Raum und sind Teil der deutschen Trinkwasserstrategie. Gleichzeitig werden sie im Alltag von vielen Menschen nicht genutzt. Mit Befragungsdaten aus unterschiedlichen Quellen konnten wir zeigen, dass Menschen systematisch seltener Trinkbrunnen nutzen, wenn Hygienebedenken eine größere Rolle spielen. Das Anbringen von Hinweisen an existierenden Trinkbrunnen hing mit einer nahezu verdoppelten Nutzung der Brunnen zusammen. Die Ergebnisse werden aktuell für eine Fachzeitschrift begutachtet und deuten darauf hin, dass öffentliche Trinkwasseranlagen nicht nur de-facto hygienisch sein müssen - sie müssen auch so wirken und kommuniziert werden, damit sie tatsächlich genutzt werden.

Bonus: Eine neue Befragungsplattform
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Im Rahmen der Bamberger Hitzestudie haben wir eine neue Befragungsplattform entwickelt. Mit dieser können Forschende eigenständig flexible Langzeitbefragungsstudien unabhängig von existierenden Apps durchführen, unterschiedliche Befragungssysteme anschließen und übergreifend den Teilnahmefortschritt verfolgen. Jeder der rund 8.000 beantworteten Fragebögen hat dabei geholfen, das System zu verbessern und stabiler zu machem. Die Plattform soll in Zukunft quelloffen anderen Forschungsgruppen zur Verfügung gestellt werden.

So geht es 2025 weiter
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Wir arbeiten aktuell an vielen unserer Analysen aus der Studie 2024 weiter, forschen an neuen Schnittstellen rund um das Thema Hitze und starten die Bamberger Hitzestudie 2.0, die sich speziell mit dem Erleben und Verhalten von Hitze im eigenen Wohnraum beschäftigt.